Sexarbeiter - Seit 2002 ist die Prostitution in Deutschland legal – Doch Kritiker von allen Seiten beklagen Schwächen des Gesetzes

Pressebericht, Stuttgarter Nachrichten, 10.11.2012

Seit bald elf Jahren ist das von der damaligen rot-grünen Bundesregierung verabschiedete Prostitutionsgesetz in Kraft. Es soll allen, die der Sexarbeit nachgehen, Rechtssicherheit geben. Eine Zwischenbilanz.

BERLIN/STUTTGART. Schnell läuft Ariane über die Straße zum vereinbarten Treffpunkt – dabei ist sie nur ein, zwei Minuten zu spät. In der Hand hält sie zwei Zitronen. "Ich musste nur schnell ein paar Vitamine kaufen", sagt sie. Ariane sieht müde aus. Eine Erkältung hat sie erwischt. Die letzten Tage ist sie nur unterwegs gewesen, sagt sie, bei Tagungen und Informationstreffen. "Gestern musste ich sogar einem Kunden absagen, weil es später geworden ist. Dabei hätte ich das Geld gut brauchen können."
Ariane ist 44, hat einen Universitätsabschluss in Politik und Wirtschaftswissenschaften, war stellvertretende Vorsitzende der Studentenvertretung, und ihre Doktorarbeit war schon so gut wie fertig. "Dann hatte ich genug von demw issenschaftlichen Apparat und habe angefangen, mit Sexarbeit mein Geld zu verdienen." Ihre ersten Erfahrungen machte sie in einem Bordell.
Damals war sie 35. "Ich habe seit dem in Terminwohnungen, Kinos und Sadomaso-Studios gearbeitet", sagt sie. Heute ist die große Frau mit den blonden Haaren im asymmetrischen Pagenschnitt selbstständige Escort-Dame. "Doch dazu komme ich im Moment kaum noch – keine Zeit."...

"Das Gesetz hat zu mehr Rechtssicherheit geführt, auch wenn diese nicht von allen genutzt wird", resümiert Monika Lazar, frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Durch die Entkriminalisierung habe sich durchaus einiges verbessert. "Allerdings fehlt die Harmonisierungmit anderen Rechtsbereichen, wie Bau, Wohnungs- oder Gewerberecht,was zum Teil am Widerstand einzelner Länder liegt." ... [lesen]