Pro und Contra Vermögensteuer - Grünen-Politikerin Monika Lazar dafür - Familienunternehmer Christian Haase dagegen

Pressebericht, LVZ, 21.08.2013

Leipzig. Streitfall Vermögensabgabe: Die Grünen wollen im Falle eines Sieges nach der Bundestagswahl diese Steuer wieder einführen. Die Wirtschaft ist strikt dagegen.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar und der Leipziger Familienunternehmer Christian Haase - Chef der Firma Kilowatthandel - liefern sich dazu einen harten Schlagabtausch:

Frage: Herr Haase, Sie wären von einer Vermögensteuer persönlich betroffen. Was stört Sie daran, Ihren Beitrag zum Schuldenabbau zu leisten?

Christian Haase: Die Vermögensabgabe ist ein Medikament für eine Krankheit, die vollkommen andere Ursachen hat. Die Nebenwirkungen sind unbekannt. Dies führt nicht zu einer gerechteren Verteilung des Geldes. Die Unternehmen werden zu stark belastet, wenn sie eine Vermögensabgabe von 70 Prozent leisten müssen.

Monika Lazar: Wir sagen, vom jährlichen Gewinn sollen 35 Prozent herangezogen werden - keine 70 Prozent.

Haase: Die Vermögensabgabe ist oben drauf, zur Körperschaftssteuer des Bundes und zur Gewerbesteuer der Stadt Leipzig. Zusammen sind es 70Prozent. Da fehlt die Motivation zu wirtschaften und eine Firma zu gründen.

Lazar: Ein Unternehmen muss überhaupt erst mal ein Betriebsvermögen von über fünf Millionen Euro erreichen. Nach unseren Berechnungen betrifft dies nur etwa zehn Prozent und es geht nur um Personengesellschaften.

Haase: Das sind die zehn Prozent, zu denen jeder Unternehmensgründer gehören will. Es wäre doch schön, wenn es mehr wären. Mit der zusätzliche Abgabe demotivieren Sie die Rennpferde der Wirtschaft.

Lazar: In diesem Jahr hat der Bund 17 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen. Ob das sinnvoll war, sei mal dahingestellt. Wir wollen die Schulden wieder abbauen. Dann ist Geld zum investieren vorhanden. Das Konzept mag nicht jedem gefallen. Im Gegensatz zu den anderen Parteien haben wir ein durchgerechnetes Konzept. Mit diesen 35 Prozent ist eine Substanzbesteuerung einfach ausgeschlossen.
Durch die Besteuerung geht doch Investitionspotenzial verloren.

Lazar: Wenn das Geld investiert wird, wird es nicht besteuert, sondern nur, wenn die Gewinne privat entnommen werden. Wir wollen, dass wieder investiert wird.

Haase: Wenn Sie so ein Schlupfloch gestalten, dann kaufen sich die Leute in den Unternehmen irgendwelche Bilder, damit sie keinen Cent an Steuer zahlen müssen. Es sind nicht die dümmsten Köpfe, die das Vermögen haben. Anschließend kommt die entsprechende Finanzbehörde und sagt: "Mensch, da haben wir ja gar nichts an Steuern herausgeholt." Es muss eine andere Lösung geben. Sie wollen doch die zehn Milliarden Euro pro Jahr für den Schuldenabbau haben.

Lazar: Wir wollen unseren Kindern keinen verschuldeten Haushalt überlassen. Dabei wird es gerade nicht die Kleinen und die Mittelständler betreffen. Ein Betriebsvermögen von fünf Millionen Euro und Gewinn müssen erst mal erwirtschaftet werden, um besteuert werden zu können.

Haase: Sie werden am Ende nicht drumherum kommen, in die Unternehmen reinzugehen und per Substanz die Steuern rauszuholen. Egal, ob die Gewinne ausgeschüttet werden oder nicht. Dabei habe ich die Grünen immer als Partei der Nachhaltigkeit gesehen.

Lazar: Wer wäre in Sachsen und Mitteldeutschland betroffen? Im Privaten besitzen nur sehr wenige ein Vermögen über eine Million Euro. Hinzu kommen die Freibeträge: Sobald ein Kind im Haushalt lebt, wird der Betrag um 250000 Euro gesenkt. Es wird hauptsächlich die Spitzenverdiener betreffen.

Haase: Aber das sind die Unternehmer, die hier die Arbeitsplätze schaffen.

Lazar: Wir wollen damit nicht verhindern, dass weiter investiert wird. Ein Unternehmen soll doch nicht alles abgeben. Von wem soll es sonst kommen? So ein großes Privat- und Betriebsvermögen muss erst mal vorhanden sein.

Haase: Die Frage ist, woher der Ansatz zur Vermögensabgabe kommt. Es sollen nicht nur die Symptome bekämpft werden. Sondern es muss an die Ursachen rangegangen werden. Das hat etwas mit der Vermögensumschichtung zu tun. Ein Beispiel, weil ich mich damit auskenne: Die EEG-Abgabe zahlen eher die sozial Schwachen, 5,3 Cent pro Kilowattstunde. Das bekommen die Investmentfonds und die Landwirte in Bayern, also die Reichen. Die Umverteilung beträgt dieses Jahr schon 25 Milliarden Euro - von Arm zu Reich.

Lazar: Daran ist die jetzige Bundesregierung schuld.

Haase: Es geht nicht um eine Schuldzuweisung. Die Frage ist, woher kommt die Umverteilung. Neben der EEG-Abgabe pumpt die Europäische Zentralbank das Kapital zu niedrigen Zinsen auf den Markt. Dies kommt denen zugute, die Geld haben und zum Beispiel wieder in eine Biogasanlage investieren können. Gleichzeitig entwerten Sie mit den niedrigen Zinsen das Sparvermögen des kleinen Mannes, der fürs Alter spart. Das ist absurd.

Lazar: Das Finanzkonzept der Grünen besteht nicht nur aus der Vermögensabgabe. Wir wollen auch den Finanzmarkt regulieren und die Energiewende gerecht vorantreiben. Die Abgabe auf Vermögen ist ein Teil unserer zukünftigen Politik, mit der wir in Deutschland gezielt die Schulden abbauen können. Davon profitieren alle.

Interview: Matthias Pöls