Kritik aus Berlin an Kürzungen in Sachsen

Pressebericht, LVZ, 26.11.2012

Träger sorgen sich um Demokratie-Projekte

Dresden. Die Kritik an den Kürzungen des Freistaats Sachsen bei den Demokratie-Projekten zieht Kreise. Auch auf Bundesebene regen sich SPD und Grüne über die Pläne der sächsischen schwarz-gelben Regierungskoalition auf. Die Million, die im Landesprogramm "Weltoffenes Sachsen" umgeschichtet werden soll, sei "sachfremd eingesetzt", meint die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth. CDU und FDP zeigten damit ihre Konzeptlosigkeit in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus. Das sei grob fahrlässig und gefährde Menschenleben, ist Roth überzeugt.

Der Innenausschuss des Landtags hat die Änderungen in der vergangenen Woche mit den Stimmen von CDU und FDP beschlossen. Demnach sollen die Mittel des Programms für freie Träger, Vereine und Verbände künftig auch in Jugendarbeit beim Katastrophenschutz, bei Kinderschutzorganisationen oder Sportvereinen fließen. Dafür wird vom Jahresbudget in Höhe von 1,89 Millionen Euro eine Million reserviert. Aus den Regierungsfraktionen heißt es, man wolle damit das Engagement gegen Rechtsextremismus breiter aufstellen. Innenminister Markus Ulbig (CDU) nannte es sein besonderes Anliegen, Vereine und Verbände bei ihrer Arbeit für Demokratie gegen Extremismus zu unterstützen. "Dort sind Jugendliche aktiv und die wollen wir stärken." Mit dem Beschluss werde die Förderung der Arbeit für Demokratie und Toleranz deutlich ausgeweitet - statt gekürzt.

So aber sieht es die Opposition. Denn unterm Strich blieben für die Demokratie-Projekte, die bislang vom Landesprogramm profitierten, weniger als zuvor. Für Grünen-Chefin Roth und die Leipziger Bundestags-Abgeordnete Monika Lazar fließt das meiste Geld nun in Initiativen mit völlig anderem thematischen Profil. "In unverantwortlicher Weise werden hier sächsische Projekte gegeneinander ausgespielt, zu Lasten der kontinuierlichen Arbeit gegen Rechts", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Für viele kompetente Demokratie-Initiativen könne das das Aus bedeuten.

Das meint auch die Leipziger SPD-Bundestagsabgeordnete Daniela Kolbe. Sie wundert sich, wieso Sachsen das erfolgreiche Landesprogramm ändert, wo doch der Bund mit dem Programm "Zusammenhalt durch Teilhabe" ohnehin Mittel für Verbandsarbeit gegen Rechts bereitstelle. "Wenn die Koalition die Jugendarbeit beim Katastrophenschutz, beim Kinderschutz oder in Sportvereinen fördern will, müssen zusätzliche Gelder bereitgestellt werden", so Kolbe.

Sorgen macht man sich zum Beispiel im soziokulturellen Zentrum E-Werk in Oschatz. Mit Mitteln aus dem Weltoffenen Sachsen finanziert das E-Werk Veranstaltungen - wie ab Anfang Dezember eine Ausstellung über Anne Frank und eine antirassistische Woche im nächsten Jahr. "Diese flächendeckenden Aktionen und der kontinuierliche fachliche Austausch gewährleisten Synergien und ein koordiniertes demokratisches Gegengewicht zur NPD und den Freien Kräften", sagt Sozialarbeiterin Anja Kohlbach. Wenn das ab 2013 mangels Geld wegfallen sollte, "dann gibt es im Landkreis niemanden mehr, der sich außerhalb seiner eigenen Einrichtung des Themas annimmt".