Für 58 Millionen Euro: Leipziger Uniklinikum nimmt Neubau in Betrieb

Pressebericht, Leipziger Volkszeitung, 20.09.2018

In Eigenregie hat das Universitätsklinikum mit 58 Millionen Euro vom Freistaat Sachsen in etwas mehr als zwei Jahren das Haus 7 gebaut. Während dort die ersten Patienten bereits am Tropf hängen, feierten Mediziner und Politiker am Donnerstag die offizielle Eröffnung des Klinikneubaus. Monika Lazar war dabei.

Leipzig. Der Hauseingang befindet sich ganz links. Gleich daneben ist Brachland. "Stimmt schon", sagt Matthias Müller, der am Universitätsklinikum (UKL) die technische Gebäudeverwaltung leitet, als er Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) samt Tross durch die Räume führt, "man hat irgendwie den Eindruck, da fehlt was."

Was nicht mehr fehlt, ist das neue Haus 7. Gut zwei Jahre nach Grundsteinlegung im Juni 2016 hat das UKL den Klinikneubau am Donnerstag offiziell eingeweiht. Von einer "Operation am offenen Herzen" berichtet Wolfgang E. Fleig, medizinischer UKL-Vorstand, den rund 230 geladenen Gästen. Vielleicht ließe sich sogar von einer Transplantation sprechen: 158 Betten, 1588 Stühle und Höcker, 406 Wäsche- und Abfallkörbe, 2200 Leuchten und ungefähr 300 Kilometer Elektroleitungen wurden und werden hier momentan auf mehr als 10.000 Quadratmetern Nutzfläche eingepflanzt – bei laufendem Betrieb.

Der Einzug mehrerer Stationen in das neue Gebäude ist ein logistischer Kraftakt, der Anfang des Monats begonnen hat. Während die Festgesellschaft im Foyer mit Sekt anstößt, liegen Patientinnen ein Stockwerk darüber in der lichtdurchfluteten Tagesklinik des Universitären Krebszentrums (UCCL) bei der Chemotherapie. Vom "Beginn einer neuen Ära der Krebsmedizin in Leipzig" schwärmt unten UCCL-Direktor Florian Lordick. Nach der Gründung des Krebszentrums vor sechs Jahren verfüge es nun auch räumlich über alle Voraussetzungen, um Anlaufstelle "für alle Patienten" zu sein, sagt der Mediziner.

58 Millionen Euro hat der Freistaat Sachsen für den Neubau sowie für Umbauten im benachbarten Haus 6 ausgegeben. Dort finden freiwerdende Areale künftig neue Verwendung. Das UKL hat das Großprojekt in Eigenregie umgesetzt und ist sowohl im Zeitplan als auch im veranschlagten Kostenbereich geblieben. Bereits 2004 haben sich Freistaat, Universität und Universitätsklinikum auf ein außergewöhnliches Finanzierungsmodell verständigt, auf dessen Grundlage in der Liebigstraße schon vor dem Haus 7 neue Kliniken entstanden.

"Da passt man gut aufs Geld auf"


Mit Hilfe eines weiteren solchen "dreiseitigen Vertrags" habe man auch den jüngsten Bau gestemmt, erläutert UKL-Vorstand Fleig den Gästen: War der Finanzrahmen einmal kalkuliert, lag es an den Leipziger Bauherrn, die Ausgaben im gesteckten Bereich zu halten. "Wenn wir mehr ausgeben, müssen wir die Kosten selbst zahlen, bleiben wir unter dem geplanten Budget, dürfen wir die Mittel für andere Vorhaben verwenden", erklärt Fleig. "Sie können mir glauben, dass man da gut aufs Geld aufpasst."

Ministerpräsident Kretschmer nutzt Fleigs Steilvorlage. Den anwesenden Bundestagsabgeordneten Daniela Kolbe (SPD) und Monika Lazar (Bündnis ’90/Grüne) trägt er an, davon in Berlin zu berichten, wo im Gegensatz dazu das Chaos herrsche. "Eine Koalition scheitert nicht an Sachfragen, sondern an persönlichen Befindlichkeiten", sagt er, und man fragt sich kurz, ob der CDU-Politiker nicht zumindest zur Schwesterpartei über einen kürzeren Draht als die angesprochenen Politikerinnen verfügt.

Einen guten Draht baut der Landesvater jedenfalls bald darauf zu zwei Patientinnen in der dritten Etage auf. Sie liegen seit Beginn der Woche hier und fühlen sich, wie sie sagen, bestens betreut. In einem Modellprojekt werden in Haus 7 Wirbelsäulen- und Rheumaleiden auf einer gemeinsamen Station therapiert. "Unten wurde mir gesagt, dass ich Sie unbedingt kennenlernen muss", flunkert Kretschmer charmant, als die beiden doch ein wenig überrascht von der großen Besuchergruppe wirken.

"Knotenpunkt der Gesundheitsversorgung"


In der neuen Kinderstation wandert der Tross dagegen nur durch jene farbenfrohen Bereiche, die noch leer stehen. "So ambulant wie möglich", informiert Kai von Klitzing, Chef des Departments für Frauen- und Kindermedizin, sollen die jungen Patienten hier künftig behandelt werden. Von der fächerübergreifenden Zusammenarbeit der Ärzte kriegen die Kinder hier bald bestenfalls kaum etwas mit, hofft er: "Nicht sie müssen von Spezialist zu Spezialist pilgern, sondern die Experten treffen sich beim Kind." Für einen möglichst reibungslosen Ablauf sorgen im gesamten Haus 7 bald 350 Klinikmitarbeiter, 140 von ihnen werden neu eingestellt.

Für Christoph Josten, den Dekan der Medizinischen Fakultät, ist es "ein wichtiger Tag für Ärzte, Wissenschaftler, Studierende, das Pflegepersonal und ein großer Tag für Patienten". Mit dem Haus 7 werde das Uni-Klinikum noch stärker als bisher zu einem "Knotenpunkt der Gesundheitsversorgung in Sachsen und darüber hinaus". Josten erhofft sich ideale Voraussetzungen für klinische Studien. „Davon profitieren unsere Patienten unmittelbar, denn sie erhalten sehr früh Zugang zu den neuesten medizinischen Entwicklungen.“

Das Haus 7 biete somit weit mehr, so Josten, als das zwölfgeschössige Bettenhaus, in dem seit 1984 an gleicher Stelle bis zu 800 Kranke versorgt wurden. Seit 2009 stand es leer, 2013 wurde der Bau Platte für Platte abgerissen. Für das UKL ist mit der Eröffnung von Haus 7 indes nur eine von vielen weiteren Etappen gemeistert: "Stimmt schon, da fehlt was", erklärt Chefplaner Müller dem Ministerpräsidenten, warum der Hauseingang ganz links am Gebäude an eine Brachfläche grenzt. Der Bau sei so konzipiert worden, dass daneben jederzeit ein Haus 7b entstehen kann.

Alle Kliniken entlang der Liebigstraße – auch das neue Haus 7 – präsentieren sich am Sonnabend von 10 bis 17 Uhr bei einem Tag der offenen Tür mit Führungen, Vorträgen und Mitmach-Aktionen für Kinder und Erwachsene. Im Institut für Transfusionsmedizin in Haus 8, Johannisallee 32, steigt von 16 bis 22 Uhr die "Vampirnacht".

Autor: Mathias Wöbking

[Quelle: www.lvz.de]