Eine Frage des politischen Willens

Pressebericht, der Freitag, 24.11.2011

Es war nur ein kleiner Versprecher des Bundesinnenministers, und er korrigierte ihn umgehend: „Abziehen" müsste der Staat seine Vertrauens-Leute aus der NPD, um einen neuen Verbotsantrag zu stellen, sagte Hans-Peter Friedrich (CSU) vergangenen Freitag. „Abschalten", nicht abziehen, verbesserte er sich. So genau wie Friedrich nehmen es meist nicht einmal jene, die eine Abschaltung der V-Leute in der NPD befürworten, um so die vermeintliche Voraussetzung für einen neuerlichen Verbotsantrag gegen die Partei zu erfüllen. „Abziehen" kann der Verfassungsschutz seine V-Leute nicht; es handelt sich meist um in der Szene verwurzelte Nazis.

Sie lassen sich als Informanten anwerben und stecken ihr Honorar oft direkt in Nazi-Strukturen. Tino Brandt ist dafür nur ein Beispiel. 200.000 Mark kassierte der Neonazi vom Thüringer Verfassungsschutz, bis ihn Medien 2001 als V-Mann enttarnten. Er bekundete sogleich, jenes Geld für den Aufbau des „Thüringer Heimatschutzes" (THS) verwendet zu haben. Dort übten sich Uwe B., Uwe M. und Beate Z. schon in rassistischen Aktionen, bevor sie als Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) ihre Mord-, Überfall- und Anschlagserie begannen...

Initiativen gegen Nazi-Gewalt verweisen auf die eigene Expertise der Zivilgesellschaft. Anti-Rassismus-Initiativen „recherchieren häufig gründlicher und besitzen mehr Erkenntnisse, etwa über die Vernetzungen Rechtsextremer untereinander, als der Verfassungsschutz selbst", weiß die Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar. Einen Rückzug des Verfassungsschutzes fordert sie zudem aus einem anderen Feld, nämlich der politischen Bildung. So kümmert sich die „Niedersächsische Extremismus-Informationsstelle" des Landesverfassungsschutzes um Vorträge, Lehrer-Schulungen und Planspiele in Schulen, seit die Landeszentrale für politische Bildung in Niedersachsen 2004 geschlossen wurde. Letztlich erschwere der Verfassungsschutz couragierten Initiativen die Arbeit, meint Lazar. [lesen]