Bürgerrechtler nicht zugelassen - Neuer Ärger am Leipziger Stasi-Museum "Runde Ecke"

Pressebericht, mdr.de, 29.04.2020

Die Runde Ecke in Leipzig, ehemalige Stasi-Zentrale, beherbergt die Stasi-Unterlagenbehörde und das vom Verein "Leipziger Bürgerkomitee" betriebene Stasi-Museum. Museum und Betreiber sind zuletzt immer wieder die Kritik geraten. Nun gibt es erneut Ärger. Bürgerrechtler wollten sich im Verein engagieren, doch eine Mitgliedschaft wurde ihnen nach eigener Aussage verwehrt. Der Verein sieht das anders.

Mehrere Leipziger Bürgerrechtler werfen dem Bürgerkomitee Leipzig e.V., Träger der Gedenkstätte "Museum in der Runden Ecke" in Leipzig vor, ihre Anträge auf Mitgliedschaft ohne jegliche Begründung abgelehnt zu haben. In einem offenen Brief haben sie von den Vereinsmitgliedern Aufklärung gefordert und zudem angemahnt, dass man als öffentlicher Verein kein Recht habe, die Öffentlichkeit auszuschließen. Der Verein weist die Kritik zurück. Vereinsvorstand Tobias Hollitzer sagte MDR KULTUR, man habe keine Abfuhren erteilt, es handele sich lediglich um einen Zwischenbescheid.

Es ist nicht das erste Mal, das die Betreiber des Stasi-Museums in der öffentlichen Kritik stehen. Dabei ging es in der Vergangenheit vor allem um  die vermeintlich veraltete Museumskonzeption und die Personalpolitik. Die Bürgerrechtlerin Gisela Kallenbach sagte MDR KULTUR, diese Diskussionen schadeten dem Ansehen der Friedlichen Revolution, dem Bürgerkomitee und auch der Stadt.

Ablehnung nach sieben Monaten

Kallenbach, die nach der Wende in die Politik gegangen war und später für die Grünen im Europaparlament und dem sächsischen Landtag saß, gehört zu den Unterzeichnerinnen des offenen Briefs. Sie habe gehofft als Vereinsmitglied etwas ändern zu können. "Da ich der festen Überzeugung bin, dass das Thema Vergangenheitsaufarbeitung eine immense Bedeutung hat, habe ich gedacht, jetzt kannst du vielleicht mit deiner Biografie, deinen Erfahrungen und Vernetzungen beitragen, dass sich hier etwas ändert."

Eine Mitgliedschaft im Verein hatte auch die Leipzigerin und Bundestagsabgeordnete der Grünen, Monika Lazar, beantragt. Sie sagte MDR KULTUR, zwei Monate später habe sie eine Eingangsbestätigung bekommen, weitere zwei Monate danach, im Januar, die Einladung zu einem Gespräch, das sie auch angenommen habe. "Dann kam vor zehn Tagen per Brief die Ablehnung, dass man mich zurzeit nicht aufnehmen kann, das war's."

Vereinsarbeit parteipolitisch unabhängig

Museums-Leiter Tobias Hollitzer dagegen sagt, man habe deutlich mitgeteilt, dass es noch keine endgültige Ablehnung sei. Hollitzer sagte: "Sie haben einen Zwischenbescheid erhalten, dass wir im Moment über diese für uns durchaus neue Situation, dass innerhalb kürzester Zeit aus einem politischen Spektrum kommend eine ganze Reihe von Anträgen auf dem Tisch lagen, noch nicht haben abschließend beraten können."

In der Vereinsatzung heißt es eindeutig, der Verein arbeite parteipolitisch unabhängig. Laut Tobias Hollitzer habe man sich bisher mit einer derartigen Konstellation nicht konfrontiert gesehen. "Auch darin mag sicher begründet liegen, dass die Beschäftigung und Prüfung des Ganzen ein wenig mehr Zeit in Anspruch nimmt," erklärt Hollitzer das Vorgehen der Vereins.

Rund 130.000 Besucher pro Jahr

Das vom Leipziger Bürgerkomitee e.V. betriebene Stasi-Museum "Runde Ecke" besuchen jährlich rund 130.000 Menschen. Die Arbeit des Museums in der "Runde Ecke", zu der auch Veranstaltungen und Publikationen gehören, wird gefördert von Stadt, Land und Bund. Es befindet sich in der ehemaligen Stasi-Zentrale, die auch die ehemalige Stasi-Unterlagenbehörde beherbergt.

[Quelle: https://www.mdr.de/kultur/neuer-aerger-museum-runde-ecke-leipzig-100.html ]