Flasche an den Kopf

Pressebericht, Süddeutsche Zeitung, 08.11.2016

Der sächsische Grünen-Chef wird in einem Regionalzug offenbar von Fußball-Hooligans attackiert

Dresden – Nach einem mutmaßlichen Hooligan-Angriff auf den sächsischen Grünen-Chef Jürgen Kasek hat die Bundespolizei die Ermittlungen aufgenommen. Es werde geprüft, was am Sonntag in einem Regionalzug in Naumburg passiert sei, sagte ein Sprecher am Montag in Pirna. Kasek hatte zuvor von einer Hooligan-Attacke auf ihn berichtet. Dabei sei er von einer Plastik-Flasche am Kopf getroffen worden. Der Grünen- Chef war nach eigenen Angaben zusammen mit der Bundestagsabgeordneten Monika Lazar, der Leipziger Grünen- Politikerin Christin Melcher und einem weiteren Grünen-Mitglied auf dem Weg vom Urwahl-Forum der Grünen in Erfurt nach Leipzig.

In Naumburg hätten sie in den Regionalzug umsteigen müssen. Der sei voller Hooligans des 1. FC Lokomotive Leipzig gewesen. Als diese ihn erkannt hätten, sei sofort der Tumult losgebrochen, sagte der Grünen-Chef.

Kasek ist auch außerhalb seiner Partei für sein umfangreiches Engagement gegen Rechtsextremismus und Rassismus bekannt. Die Bundespolizisten hätten das Grünen-Quartett in Naumburg wieder aus dem Zug gewiesen. "Ich denke, sie haben Situation gar nicht komplett erfasst. Ich glaube, es ging ihnen primär darum, die Situation aufzulösen", sagte Kasek am Montag. Die Politiker seien dann mit einem nachfolgenden Zug zum Leipziger Hauptbahnhof gereist und wohlbehalten zu Hause angekommen. Kasek sagte, er werde bei der Staatsanwaltschaft Anzeige wegen Körperverletzung und Beleidigung erstatten. Lazar und Melcher wollen die Vorfälle ebenfalls zur Anzeige bringen. Es gehe ihm soweit gut, sagte Kasek, er werde aber vorsichtshalber zu einem Arzt gehen.

Die Bundespolizei gab am Montag zudem Einzelheiten zu dem Vorfall bekannt. Demnach waren in dem Regionalzug etwa 210 Anhänger von Lok Leipzig unterwegs. Die Beamten hätten am Bahnhof Naumburg mit "unmittelbarem Zwang" verhindern müssen, dass Lok-Anhänger auf die Gruppe um Kasek losgingen. Erst hinterher habe sich den Beamten offenbart, dass es sich bei den Betroffenen um eine Gruppe von Grünen- Politikern handelte. Tatverdächtige hätten zunächst nicht zugeordnet werden können, da die PET-Flasche aus einer Menschenmenge heraus geworfen worden sei. Die Bundespolizei gab aber an, die Videoaufzeichnungen aus dem Zug sichergestellt zu haben. Diese würden nun ausgewertet. Die Grünen-Politikerin Christin Melcher meinte, ihrer Auffassung nach sei die Polizei von der Lage überfordert gewesen – sie habe die bedrängte Gruppe schließlich mit "Haut ab! Haut ab!"-Rufen aufgefordert, Zug und Bahnsteig zu verlassen.

COP