Bundespolizei übermittelt Daten aus der Datei "Gewalttäter Sport" nach Russland

Pressebericht, netzpolitik.org, 11.01.2018

Die Bundespolizei hat 2017 in mehreren Fällen Datensätze aus der so genannten "Hooligandatei" an russische Behörden weitergegeben. Im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft, die 2018 in Russland stattfindet, könnten tausende Datensätze auf fragwürdiger rechtlicher Grundlage an das Land übermittelt werden.

Die Bundespolizei hat anlässlich des FIFA-Confederations-Cup, der 2017 in Russland stattfand, Datensätze von fünf Personen aus der Datei "Gewalttäter Sport" an russische Behörden übermittelt. Das geht aus der Antwort auf eine schriftliche Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Monika Lazar hervor.

Die Abgeordnete kritisiert gegenüber netzpolitik.org, dass die Übermittlung von Daten an russische Behörden einen Präzedenzfall darstelle: "In Russland gibt es keinen mit Deutschland vergleichbaren Datenschutz, was die Voraussetzung für eine Datenübermittlung ist." Nach Einschätzung Lazars seien die rechtlichen Voraussetzungen für eine Datenübermittlung nach § 32 Bundespolizeigesetz und § 14 BKA-Gesetz nicht erfüllt.

Im Hinblick auf die in diesem Jahr in Russland stattfindende Fußball-Weltmeisterschaft warnt Lazar: "Im Vorfeld der WM 2018 darf es keinen massenhaften Datenaustausch mit Russland geben, denn die Datei 'Gewalttäter Sport' fußt nicht auf einer ausreichenden rechtsstaatlichen Grundlage." Bei den Europameisterschaften in Polen und Frankreich waren tausende Datensätze im Vorfeld an ausländische Behörden übermittelt worden. Russland hat bislang noch kein offizielles Ersuchen an Deutschland für eine solche Datenübermittlung gestellt.

Auch unschuldige Fans gespeichert


Eine kleine Anfrage von Monika Lazar aus dem Jahr 2017 hatte ergeben, dass in der Datei nachweislich unschuldige Fans gespeichert werden. Fast 11.000 Menschen sind bundesweit darin erfasst. Gespeichert werden Daten von der Schuhgröße bis zum gesprochenen Dialekt. Diese Datenbank, in die alle 16 Länderpolizeien und die Bundespolizei Daten eintragen können, steht seit Jahren in der Kritik, weil zahlreiche Menschen in ihr landen, die keine Gewalttäter sind. In die Datei kann fast jeder gelangen, gegen den im Umfeld von Sportveranstaltungen ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Doch es geht nicht nur um Körperverletzung, Landfriedensbruch und Gewaltdelikte – ein Verfahren wegen Beleidigung reicht aus. Andere Personen sind sogar in der Datenbank erfasst, weil die Polizei am Rande von Sportereignissen ihre Personalien aufgenommen hat.

Neben der bundesweiten Datei führen Länderpolizeien und lokale Polizeien zusätzlich eigene Sport-Dateien. Ein Eintrag in einer solchen Datei geht oftmals mit einer Stigmatisierung einher. Bislang gibt es zudem keine Benachrichtigungspflicht. Unberechtigt in der Datenbank gespeicherte Personen können deswegen nur schwer gegen einen solchen Eintrag vorgehen.

 

Autor: Markus Reuter

[Quelle: netzpolitik.org]




Die schriftliche Anfrage und Antwort im Volltext

Frage Monika Lazar:
Wurden anlässlich des FIFA Confederations-Cup 2017 Daten aus der Datei „Gewalttäter Sport“ nach Russland übermittelt, und liegt für die FIFA Fußball- Weltmeisterschaft 2018 bereits ein Datenübermittlungsersuchen der russischen Sicherheitsbehörden vor?

Antwort Bundesinnenministerium:
Die Bundespolizei hat im Sinne der Fragestellung auf Grundlage der bereichsspezifischen Datenübermittlungsvorschriften des Bundespolizeigesetzes anlässlich des FIFA Confederations-Cup 2017 in fünf konkreten Einzelfällen Daten an die russische Grenzbehörde übermittelt.

Ein offizielles Ersuchen der Russischen Föderation zur Übermittlung von Daten aus der Datei Gewalttäter Sport anlässlich der FIFA – Fußball – Weltmeisterschaft 2018 liegt der Bundesregierung, sowie der Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS), bislang nicht vor.