Rechte Gewalt in Deutschland

Pressebericht, Hauptstadt-INSIDER, 06.10.2016

Ein Gastbeitrag von Monika Lazar MdB (Bündnis 90/Die Grünen), Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus: Verfassungsschutz analysiert den Rechtsextremismus nur bruchstückhaft - angesichts der aktuellen Gefahrenlage ist mangelnde Auswertung hoch fahrlässig und inkonsequent

Hauptstadt-INSIDER Ausgabe 36

Die Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Grünen Bundestagsfraktion "Rechte Gefahr" in Deutschland (Bundestags-Drucksache18/9737) zeigt: Die Bedrohung, die von Neonazis in unserem Land ausgeht, ist enorm. Bereits jetzt wurden schon mehr Straftaten und doppelt so viele rechte Gewaltdelikte im Bereich "Ausländer/Asylthematik" sowie mehr Straftaten und mehr rechte Gewaltdelikte "gegen Asylunterkünfte" als im gesamten Jahr 2015 gezählt.

Auch nach der von der Innenministerkonferenz im Juni 2016 beschlossenen Reform zur besseren Erfassung von Delikten der politisch motivierten Kriminalität bleibt es allerdings bei unübersichtlichen – ja geradezu chaotischen Erfassungskriterien: Es werden inhaltlich nahezu deckungsgleiche Datensätze geführt, aber mit einem deutlich unterschiedlichen Datenaufkommen. Das Lagebild des BKA fußt nur auf einem der Datensätze (‚Straftaten gegen Asylunterkünfte‘), sodass beispielsweise die rassistischen Ausschreitungen in Heidenau darin nicht erfasst sind. Für eine konsistente Statistik wäre ein einheitlicher Datensatz notwendig, innerhalb dessen dann differenziert wird nach gewaltlosen Straftaten und Gewaltdelikten. Für mich ist klar: Das derzeitige Datenchaos führt zu einem chaotischen Lagebild, welches auch die Arbeit der Polizei erschwert, rechte Gewalt zu erkennen und richtig einzuordnen.

Außerdem bedarf es einer regelmäßigen qualitativen und quantitativen Analyse der Internetaktivitäten im Bereich der rechten Szene. Nur auf Grundlage solcher Daten ist es möglich, ideologieprägende bzw. -verfestigende Merkmale auszumachen, regionale Schwerpunkte zu bestimmen und valide Gefahreneinschätzungen vorzunehmen. Die Antwort der Bundesregierung offenbart, dass der Verfassungsschutz den Rechtsextremismus nur bruchstückhaft analysiert.

Man sagt, dass das Internet eine große Rolle spiele, gleichzeitig muss man zugestehen, dass man eine statistische Auswertung der Nutzung und Mobilisierung nicht betreibt. Das ist angesichts der aktuellen Gefahrenlage hoch fahrlässig und inkonsequent.

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