Legida-Rückzug: Freude und nachdenkliche Töne

Pressebericht, Leipziger Volkszeitung, 11.01.2017

Der Ankündigung der Legida-Organisatoren, künftig nicht mehr auf Demonstrationen zu setzen, hat in Leipzig überwiegend Erleichterung ausgelöst. In den sozialen Netzwerken verbreitete sich das vom Verein „Leipzig gegen die Islamisierung des Abendlandes" nach dem „Abendspaziergang " am Montag angekündigte Ende der regelmäßigen Aufzüge wie ein Lauffeuer.

Vor allem die Initiatoren des bürgerlichen Protestes freuten sich über die Mitteilung der Rechtspopulisten. Sie schlugen aber auch nachdenkliche Töne an.

„Das ist doch mal eine gute Nachricht und zeigt, dass sich Engagement lohnt. Danke allen Demokratlnnen", schrieb die grüne Bundestagsabgeordnete Monika Lazar auf Twitter. Ex-Thoniaskirchenpfarrer Christian Wolff vom Bündnis „Willkommen in Leipzig - eine weltoffene Stadt der Vielfalt" erklärte in seinem Blog: „Damit können die Demonstrationen und Kundgebungen unseres Bündnisses, von .Leipzig nimmt Platz', .NoLegida 1 und anderen Gruppen in den vergangenen zwei Jahren einen hoffentlich nachhaltigen Erfolg vorweisen." Gerade der Protest am Montagabend, dem sich 1500 bis 2000 Menschen angeschlossen hatten, habe noch einmal gezeigt, „wie wichtig und notwendig es war, dass wir Legida nicht sich selbst überlassen haben. Ohne diese deutlichen Zeichen wäre die Entwicklung anders verlaufen", so Wolff.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Leipziger Stadtrat, Christopher Zenker, schrieb auf Facebook: „Ern Erfolg fur allé Leipzigerinnen und Leipziger, die in den letzten zwei Jahren immer wieder gegen Legida auf die Straße gegangen sind und Gesicht gezeigt haben für Demokratie, Menschenrecht, Toleranz." Der Stadtverband der Linken dankte allen Bürgern, „die mit uns gegen Legida auf der Straße waren - gegen Nationalismus, Chauvinismus und Rassismus!" Sachsens Grünen-Chef Jürgen Kasek, einer der Organisatoren,des Gegenprotestes, freute sich nicht minder: „2 Jahre, 100 Demos, Anzeigen und Verfahren und Tausende, die immer wieder Gesicht gezeigt haben. Leipzig besiegt Legida", jubilierte der Leipziger Rechtsanwalt.

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz" warnte derweil vor Leichtfertigkeit: „Unabhängig von der Legida-Ankündigung, keine öffentlichen Demonstrationen mehr ausrichten zu wollen, bleiben diejenigen vorhanden, die auf die islamfeindlichen Parolen Pegidas aufgesprungen waren und diesen sächsischen Ungeist stärken wollten." Einige Akteure seien schon vor der Gründung des Pegida-Ablegers politisch aktiv gewesen, hätten beispielsweise gegen den Moschee-Bau in Gohlis oder gegen Flüchtlingsunterkünfte Stimmung gemacht. Die Initiative kündigte daher an, „auch künftig wachsam zu bleiben".

Landtagsabgeordnete und Stadträtin Juliane Nagel (Die Linke) bleibt angesichts des Legida-Rückzugs ebenfalls realistisch - „denn die gesellschaftliche Stimmung bleibt massiv auf geheizt - auch in Leipzig " . Unter den Anschlägen auf Asylunterkünfte in Sachsen im vergangenen Jahr seien drei in der Messestadt gewesen, so Nagel.

Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sprach am Dienstag beim Neujahrsempfang der Bundeswehr in Leipzig „von der besten Nachricht des gestrigen Tages" . Und Polizeipräsident Bernd Merbitz meinte süffisant: „Jetzt können wir uns endlich wieder anderen Aufgaben zuwenden. "

Für Pfarrer Wolff steht eine Zukunftsaufgabe fest: „Das gefährlich-verquere Gedankengut von Pegida/Legida hat inzwischen eine Partei zum Programm erhoben: die AfD." In den nächsten Monaten werde es darauf ankommen, das Wähler- Potenzial der Alternative für Deutschland drastisch zu senken.

mpu/A. K./dom