Enthemmter Gewalt konsequent entgegen treten, demokratische und soziale Teilhabe verbessern

Pressemitteilung, 15.06.2016

Erklärung von Monika Lazar, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus, zu den Ergebnissen der aktuellen Mitte-Studie der Universität Leipzig

Die aktuellen Ergebnisse der Mitte-Studie mit dem Titel "Die enthemmte Mitte" sind alarmierend. Zwar sind die rechtsextremen Einstellungen in der Gesellschaft insgesamt nicht stärker vorhanden als bei der letzten Erhebung vor zwei Jahren, allerdings hat eine deutliche Radikalisierung bei der Einstellung zu bestimmten Gruppen stattgefunden, vor allem in Bezug auf Asylsuchende, Muslime sowie Sinti und Roma: So stimmen über 41 Prozent der Menschen der Aussage zu, Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden. Fast die Hälfte der Befragten findet, Sinti und Roma sollten aus den Innenstädten verbannt werden. Und rund 60 Prozent glauben, die meisten Asylbewerber würden in ihrem Heimatland nicht wirklich politisch verfolgt. Ein zentraler Befund der Studie ist die zunehmend enthemmte Gewalt in den zu Rechtsextremismus neigenden Milieus. Diese haben in AfD und Pegida eine politische Heimat gefunden, sodass sie massiver und organisierter auftreten können.

Wir fordern die Bundesregierung auf, wirksame Maßnahmen zum Schutz der besonders von Abwertung betroffenen Gruppen zu treffen. Die rechtsstaatlichen Möglichkeiten müssen dabei konsequenter als bisher ausgeschöpft werden. Die Bundesregierung muss zudem einen strukturierten Dialog zwischen staatlichen Behörden und zivilgesellschaftlichen Initiativen zur Bekämpfung von Rassismus und Gewalt voranbringen.

Interessant ist der Befund der Studie, wonach eine deutliche Polarisierung der Gesellschaft stattgefunden hat. Der Radikalisierung der „neurechten Bewegung“ steht ein gewachsenes demokratisches Milieu gegenüber, das mehr Vertrauen in die politischen Institutionen hat als bei der letzten Befragung. Diese Kräfte gilt es zu stärken. Es braucht eine eindeutige und offensive Distanzierung von rechtspopulistischen Diskursen, auch innerhalb der Politik. Hier gilt es insbesondere, sich vom weit verbreiteten „Nützlichkeitsdiskurs“ in Bezug auf MigrantInnen zu verabschieden sowie humanistische Werte und Geschichtsbewusstsein in den Vordergrund zu stellen. Darüber hinaus muss die demokratische Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen verbessert, mehr Partizipationsmöglichkeiten in Schulen, an den Unis, in Betrieben geschaffen werden.

Alle Demokratinnen und Demokraten sind durch die Studie aufgefordert, gemeinsam für eine lebhafte und vielfältige Demokratie zu streiten – in Deutschland und in einem gemeinsamen Europa. Dabei sollten wir die Ängste und Fragen in der Bevölkerung in punkto sozialer Ungerechtigkeiten und Demokratieentfremdung nicht diskreditieren, sondern sie aufgreifen und demokratisch beantworten.