Onlinetagebuch zur INFOTOUR

Eindrücke Monika Lazars während der Tour zu Initiativen gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern.

Tag 7 - in Sachsen Teil 3 - Neukirchen

Am letzten Tag meiner Infotour ging es am 5.5. nach Neukirchen (Vorort von Chemnitz).
Dort sitzt das Mobile Beratungsteam (MBT) für den Regierungsbezirk Chemnitz. Ihre Büroräume haben die beiden MitarbeiterInnen Petra Zais und Jens Paslack in der Kulturfabrik Neukirchen, einer ehemaligen Textilfabrik.

Zuerst wurden wir von der Geschäftsführerin des Hauses Heike Jokisch begrüßt und bekamen einen Rundgang durch das Haus geboten. Das Angebot war beeindruckend, wohl für jeden Geschmack an Freizeitgestaltung ist etwas dabei. Keramik-, Holzwerkstatt, Textilkabinett, Malzimmer, Druckerei, ein Jugendclub und eine Galerie, die auch als Veranstaltungsraum genutzt wird. Die Kulturwerkstatt wird von zwei Vereinen genutzt, die diese Beschäftigungsmöglichkeiten anbieten: Kulturkreis und Frauenkulturzentrum. In diesem Jahr wird das 10-jährige Bestehen gefeiert. Finanziert wird die Kulturfabrik durch eine institutionelle Förderung, der Rest muss über Projektmittel beantragt werden.

Forkert und Lazar Stadtrundgang in pirna
Monika Lazar (Mitte) im Büro des Mobilen Beratungsteams in der Kulturfabrik, Jens Passlack (links), Steffi Zaumseil (rechts) - rechtes Bild Schild der Kultufabrik

Rundgang in der Kulturfabrik In der Holzwerkstatt
Rundgang durch die Kulturfabrik. Rechts: Heike Jokisch, Monika Lazar, Steffi Zaumseil

Außerdem beherbergt die Kulturfabrik noch eine „Entimon“-Kontaktstelle und das MBT.
Nach dem Rundgang trafen wir uns in diesem Büro zu einem Gespräch mit VertreterInnen von MBT und der „Civitas“-Netzwerkstelle Aue.

Petra Zais und Jens Paslack vom MBT berichteten, dass die Gegend sehr strukturschwach ist, da die meisten Industriezweige weggebrochen sind. Die Abwanderung ist nach wie vor sehr stark. Das Problembewußtsein gegenüber dem Rechtsextremismus ist gering ausgeprägt und wird erst als solches wahrgenommen, wenn Gewalt ins Spiel kommt. Probleme werden von Verwaltung, Schule, Freizeiteinrichtung und Familie gern gedeckelt.

Rassistische Einstellungen haben eine hohe Akzeptanz und wenn es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt, wird fast ausnahmslos auf Repression gesetzt. Bei der Polizei ist die Sensibilität gegenüber dem Rechtsextremismus auch nicht sonderlich besser.

Bei all diesen Problemen kann aber gesagt werden, dass die Arbeit des MBT`s zunehmend Akzeptanz und Nachfrage erhält. Es ist eben ein sehr beschwerlicher Weg.
Die beiden Vertreterinnen der Netzwerkstelle Aue Angelika Klier und Karla Salzer berichteten von der Situation im Landkreis Aue-Schwarzenberg, einer Region, die bis 1990 von Uranabbau (Wismut) geprägt war. Ausgangspunkt des Engagements war die Bürgerinitiative „Pro Zivilcourage Aue“, die es seit Ende 2001 gibt. Sei Mai 2002 gibt es die Netzwerkstelle.

Auch hier wurde erzählt, dass die Behörden Teil des Problems sind, besonders Landrat Matka ist in der Zusammenarbeit keine große Hilfe. Die Mitarbeiterinnen sind viel an Schulen unterwegs und bemerken, dass schon Kinder ab der 5. Klasse rechtsextrem beeinflußt sind (meist aus den eigenen Familien).

Im Landkreis gibt es auch einen „Runden Tisch Asyl“, denn AsylbewerberInnen werden besonders abwertend beurteilt und stark abgelehnt. Obwohl es immer weniger werden, haben sie die typische „Buhmann“-Funktion. Selbst in Kirchgemeinden gibt es nur Einzelne, die sich dafür engagieren. Wenn diese kontinuierlich vor Ort arbeiten, gibt es zunehmende Akzeptanz. Wenn so eine Person aber wegzieht, bricht meistens die Struktur wieder zusammen.

Insgesamt kann ich sagen, dass es sich hier um ein schwieriges Gebiet handelt, wo sich zivilgesellschaftlich demokratische Strukturen noch nicht überall durchgesetzt haben. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die „Civitas“-Strukturprojekte (MBT und Netzwerkstellen) erhalten bleiben, um die Arbeit von bewährten Leuten fortsetzen zu können.
Von allen vier MitarbeiterInnen wurde noch das Netzwerk „Tolerantes Sachsen“ gelobt, dass wegweisend für die Vernetzung der verschiedenen Initiativen in Sachsen arbeitet.

[Sehen Sie hier noch einige Fotos aus den Vorortterminen.]

[Lesen Sie zu den anderen Tagen: Onlinetagebuch - Übersicht]

 

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