Onlinetagebuch zur INFOTOUR

Eindrücke Monika Lazars während der Tour zu Initiativen gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern.

Tag 2 - in Thüringen

Mein zweiter Termin führte mich nach Thüringen. Diesmal war ich allein unterwegs.

Die erste Station war MOBIT in Gotha. In den Räumen unterhielt ich mich mit vier VertreterInnen von MOBIT.

Das große Problem in Thüringen ist, dass es immer noch kein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus gibt. Das verwundert umso mehr, als es hier regelmäßig von der Universität Jena einen „Thüringenmonitor“ gibt, wo u.a. rechtsextreme Einstellungen der Bevölkerung abgefragt werden. Diese liegen seit Jahren bei ca. 20%. Der Thüringer Landtag hat nach langer Diskussion nun zwar ein gemeinsames Positionspapier zu diesem Thema verabschiedet, aber Geld fließt nach wie vor keins.

Die Besonderheit der rechtsextremen Szene hier ist, dass die Zusammenarbeit zwischen NPD und örtlichen Kameradschaften schon immer gut geklappt hat, teilweise wohnen die Kameraden sogar in der gleichen WG. Die hiesige rechtsextreme Szene entdeckt gerade die Kommunalpolitik für sich. Bisher gibt es in Jena-Lobeda einen NPD-Ortschaftsrat und in Lauscha einen DVU-Gemeinderat. Zur demnächste stattfindenden Bürgermeister- und Landratswahl wird es in Lauscha und Blankenhain Bürgermeisterkandidaten geben.

Ein positives Beispiel im ländlichen Raum ist Schleusingen, wo der CDU-Bürgermeister das Thema erkannt hat, es offen benennt und sich gegen rechtsextreme Umtriebe vor Ort engagiert. Auch Weimar ist positiv hervorzuheben. Dort gibt es, auch durch die örtliche Universität, eine breite aktionsfähige zivilgesellschaftliche Basis.

MOBIT stellte noch verschiedene Gebiete vor, wo sie tätig sind. Sie engagieren sich neben Vorträgen und Seminaren auch bei Schule ohne Rassismus, einem Elternprojekt, wo sich Eltern rechtsextremer Jugendlicher hinwenden können und einem Theaterprojekt (gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen), wo sich MigrantInnen beteiligen.

Bei Mobit

Nach diesem Gespräch schlenderten wir am neu eröffneten rechtsextremen Laden in Gotha vorbei, wo neben Tattoo und Piercing auch die neuesten Thor-Steinar-Klamotten (z.B. T-Shirt mit Aufschrift „Ski Heil!“), kleine Plüschelche aber auch eindeutig einordenbare CD`s angeboten werden. MOBIT versucht auch hier, die Öffentlichkeit zu informieren und aktivieren.

Anschließend fuhren wir gemeinsam nach Weimar, wo es noch ein Gespräch mit weiteren Initiativen gab.

Die Opferberatung THO erzählte, dass gewalttätige Ubergriffe besonders auf „nicht deutsch aussehende“ Menschen erfolgen und zunehmend auch couragiert Eingreifende betroffen sind.
Das Bildungswerk BLITZ aus Pößneck erwähnte diese Stadt als positives Beispiel im ländlichen Raum, wo es auch eine Kofinanzierung der Kommune gibt. Vor einem Jahr wurde dort auch die Jugendinitiative „Aktionsbündnis Courage“ gegründet.

Ein Vertreter der Inhaftiertenhilfe TTB berichtete, dass die Brutalität bei Jüngeren zunimmt und diese von Älteren angeleitet und gedeckt werden.
Die Europäische Jugendbegegnungsstätte EJBW fasste zusammen, dass weiterhin eine große Handlungsnotwendigkeit zur Demokratiestärkung besteht und die Arbeit unbedingt fortgesetzt werden muss.

Das konnte ich natürlich nur unterstützen und berichtete, was die bündnisgrüne Bundestagsfraktion bei diesem Thema vorhat. Wir wollen besonders was die Zukunft der Strukturprojekte betrifft, in Kontakt bleiben.

Auch dieser Tag war für mich sehr spannend und erkenntnisreich. Ich habe überall den Eindruck, dass die Leute sich freuen, wenn PolitikerInnen das Gespräch vor Ort suchen und sich über Erfahrungen und Probleme informieren.

[Pressebericht TLZ Gotha vom 15.04.2006]

[Lesen Sie zu den anderen Tagen: Onlinetagebuch - Übersicht]

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