Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Abstimmung über das „Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Regelungen für Öffentlich Private Partnerschaften“ am 30. Juni 2005

Allgemeine Einwände:

Der Gesetzestext des Gesetzes zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften (ÖPP) und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für ÖPP – ÖPP-Beschleunigungsgesetz wurde erst wenige Tage vor seiner Einbringung in den Deutschen Bundestag vorgelegt, so dass eine vertiefte inhaltliche Prüfung und eine sachgemäße parlamentarische Behandlung nicht möglich war. Angesichts der schlechten Erfahrungen mit dem Toll-Collect-Vertrag, dem ersten großen ÖPP-Projekt im Verkehrsbereich, wäre das Parlament gut beraten gewesen, den Gesetzesentwurf intensiv zu diskutieren und erst dann zu verabschieden.

Eine öffentliche Anhörung des federführenden Ausschusses, wie in solchen Fällen üblich, hätte darüber hinaus Klarheit geschaffen, ob die vorgeschlagenen Änderungen tatsächlich eine faire Risikoallokation zwischen Privaten und Öffentlicher Hand gewährleisten.

Fachliche Einwände zum Wettbewerblichen Dialog:

Unsere Kritik bezieht sich darauf, das Instrument des Wettbewerblichen Dialogs in die Vergabe von ÖPP-Projekten aufzunehmen. Wenn staatliche Auftraggeber nicht in der Lage sind, die technischen, rechtlichen oder finanziellen Bedingungen eines Projekte zu beschreiben, dann bleibt die Frage ungeklärt, wie in einem Wettbewerblichen Dialog dieses Defizit der staatlichen Auftraggeber geheilt werden soll.

Der vorgeschlagenen neue Paragraph 6a im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen geht von der fälschlichen Annahme aus, dass es tatsächlich einen Anbietermarkt für derartige Leistungen gibt, so dass im Wettbewerb die Bildung eines angemessenen Preises ermöglicht wird. Bei wenigen (zwei oder weniger) Anbietern – und das dürfte bei großen Projekten eher die Realität sein – kann es jedoch keinen Wettbewerblichen Dialog geben. Daher widerspricht dieses gesetzliche Regelung den Interessen der Öffentlichen Hand.

Das in § 6a Abs.3 festgelegte Verhandlungsverfahren birgt die Gefahr der Ungleichbehandlung und ist insofern ein für Verfahrensfehler sehr anfälliges Vergabeverfahren. Das Bundeskartellamt hat bezüglich des Vergabeverfahrens zur LKW-Maut mehrfach auf die Gefahren eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hingewiesen.

Es besteht dringender Klärungsbedarf, welche Risiken das Verfahren im Einzelnen birgt und wie diese durch Verfahrensregeln ausgeschlossen werden können. Es ist darüber hinaus notwendig, die Beteiligung von Anbietern, die vom Verfahren ausgeschlossen wurden, dagegen aber Rechtsmittel einlegen, zu regeln, um Rechtsstreitigkeiten wie bei der LKW-Maut zu verhindern.

Wir lehnen daher die Einfügung des § 6a "Wettbewerblicher Dialog" im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen als Teil des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes ab.

Fachliche Einwände zum Gebührenrecht:

Im Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz soll ein Optionsrecht zwischen einer öffentlichrechtlichen Gebühr und einem privatrechtliches Entgelt geschaffen werden.

Ein solches Optionsrecht verschärft jedoch die Probleme:
• Für beide juristische Wege muss eine Umsetzungsregelung entwickelt werden
• Eine Vergleichbarkeit der Angebote für ein ÖPP-Projekt, wenn ein Optionsrecht besteht, ist nicht möglich.

Eine Mauterhebungsform muß jedoch ökonomisch effizient ausgestaltet sein, dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass die nachträgliche Vereinbarung von Kostenzuschlagselementen eingeschränkt wird.

Es muss daher eine Entscheidung für einen der beiden Wege geben. Dabei ist offen, ob die öffentlichrechtlichen Gebühren oder das privatrechtliche Entgelt als Mautform festgelegt werden sollte. Zu dieser Frage braucht es Vorschläge unabhängiger Experten z. B. im Rahmen einer Anhörung, die insbesondere auch die wohlfahrtsökonomische Überlegungen im Blick haben.


Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die im Gesetz vorgesehene Mautgenehmigung durch die Landesbehören. Eine solche Regelung ist ökonomisch ineffizient:

• Das Know-How muß in 16 Landesbaubehörden aufgebaut werden, anstatt nur beim Bund. Die Zersplitterung der Bundesfernstraßenverwaltung durch die Auftragsverwaltung wird durch das ÖPP zementiert!
• Es sind z.Zt. nur 3-5 F-Modelle nach dem FStrPrivFinG in der Diskussion. Dafür werden keine zusätzlichen bürokratischen Strukturen benötigt.
• Die Genehmigungsbehörde beim Bund sollte den Charakter einer Regulierungsbehörde bekommen.

Wir finden es daher falsch, die Kompetenz der Mautgenehmigung vom Bund auf die Länder zu übertragen.

Angesichts des mangelhaften Gesetzgebungsverfahrens und der inhaltlichen Mängel können wir diesem Gesetz nur mit großen Bedenken zustimmen.

Berlin, den 29.06.2005


Peter Hettlich, MdB
Friedrich Ostendorff, MdB
Cornelia Behm, MdB
Monika Lazar, MdB
Winfried Herrmann, MdB
Hans-Josef Fell, MdB


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