20. September 2007

(Auszug aus dem Redeprotokoll mit der Rede von Monika Lazar zum TOP 15)

Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts:
Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus erstellen
(Tagesordnungspunkt 15)

Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ein Nationaler Aktionsplan würde unterstreichen, dass der Rassismusbekämpfung bundesweite Bedeutung zukommt. Das ist wichtig, denn leider reagiert Deutschland sehr aktionistisch auf rechtsextrem motivierte Vorfälle. Der häufigste strategische Fehler ist, dass man erst aktiv wird, wenn ein solches Ereignis bevorsteht oder eine Straftat begangen wurde. Viele der Gegenaktionen erweisen sich nach kurzer Zeit als „Sturm im Wasserglas“ und schlafen wieder ein. Die Nazis gehen deutschlandweit wie international mittlerweile langfristig und vernetzt vor. Dem müssen wir mit eigenen Konzepten entgegentreten.

Außerdem hat sich die Bundesrepublik in Durban zur Erstellung eines Nationalen Aktionsplans verpflichtet und muss nun dazu stehen. Über diese Notwenigkeit besteht meiner Wahrnehmung nach auch Einigkeit in diesem Haus. Dissens tut sich erst auf, wenn wir über die konkrete Umsetzung sprechen.

Ein Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus muss nicht bei null beginnen, sondern kann auf Bestehendes aufbauen. Wir haben viele Bundesgesetze, um rechte Straftaten zu ahnden oder Naziaufmärsche zu erschweren. Es gibt aktive Initiativen, die öffentlich immer wieder Zeichen gegen Nazis setzen. Viele Bürgerinnen und Bürger wollen sich engagieren.

Notwendig sind bessere Aufklärung über vorhandene Möglichkeiten, stärkere Vernetzung von Aktivitäten und Ausweitung der Angebote. Es gibt zu wenige Anlaufstellen für betroffene Eltern, deren Kinder in die Nazi-Szene gerutscht sind. Naziaussteiger bekommen oft keine Hilfe, sondern werden vom Verfassungsschutz nur als Informationsquellen ausgenutzt und dann sich selbst überlassen. Lehrern fehlen Fortbildungen zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit Nazis in den Schulklassen. Strukturen, die in solchen Bereichen Angebote schaffen, müssen durch einen Nationalen Aktionsplan gestärkt und vermehrt werden.

Für nicht sinnvoll halten wir hingegen ein neues Gremium, wie es im Antrag der Linksfraktion gefordert wird. Das schafft zusätzliche Kosten und mehr Bürokratie. Stattdessen brauchen bestehende Gremien, in denen zivilgesellschaftliche Akteure beteiligt sind, mehr Unterstützung. Bereits unter Rot-Grün gab es hierzu Konsultationen mit NGOs; daran kann die jetzige Bundesregierung anknüpfen. Das „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ sowie das „Forum gegen Rassismus“ können bei der Umsetzung eines Nationalen Aktionsplans genutzt und gegebenenfalls weiter ausgebaut werden.

Ich halte die Strategie, etwas Neues zu schaffen und das Bewährte nicht zu unterstützen, für falsch. Wichtig für uns Grüne bleibt vor allem die Förderung von Initiativen vor Ort. Ich fordere Nachbesserungen an den Bundesprogrammen. Besonders wichtig ist ein direktes Antragsrecht für freie Träger, da sie aufgrund ihrer Sachkompetenz die Gefahren früh erkennen. Den Kommunen, die momentan als Einzige Förderung für lokale Aktionspläne beantragen dürfen, fehlt oft dieser Einblick.
Ein weiterer Punkt: Viele Bundesländer haben noch immer kein eigenes Landesprogramm gegen Rechtsextremismus aufgelegt. Es ist nicht akzeptabel, dass diese Länder die finanzielle Verantwortung einfach auf den Bund abschieben.

Das Erstellen eines Nationalen Aktionsplans muss als Chance genutzt werden, eine einheitliche und vernetzte Förderstrategie in Deutschland zu erarbeiten. Alle demokratischen Parteien sollten einen Konsens finden, der nicht jährlich auf dem Prüfstand steht, sondern langfristige Strategien ermöglicht. Das ist besonders wichtig, wenn wir auf rassistische Einstellungen in der Bevölkerung einwirken wollen. Hier dürfen wir von der Kindheit bis ins Alter nicht lockerlassen, um Werte wie Toleranz, Weltoffenheit, Menschenwürde und Vielfalt in der Gesellschaft zu verankern.

Die Bundesregierung hat angekündigt, einen Nationalen Aktionsplan noch in diesem Jahr vorzulegen, den Bundestag einzubeziehen und Stellungnahmen der NGOs zu berücksichtigen. Wir werden aufmerksam verfolgen, ob diese Zusagen eingehalten werden.

 

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