Hamburger Abendblatt, 16.12.2008

CSU will NPD verbieten, FDP dagegen

Berlin. Als Reaktion auf den Mordanschlag auf den Passauer Polizeipräsidenten ist die Diskussion um ein NPD-Verbotsverfahren wieder aufgeflammt. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) brachte ein mögliches neues Verfahren ins Gespräch, nachdem sein Innenminister Joachim Herrmann bereits angekündigt hatte, "Argumente für ein NPD-Verbotsverfahren" zu sammeln. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte, in der nächsten Koalitionsrunde solle über alles gesprochen werden, "was nötig ist", um rechtsextremistischer Gewalt Einhalt zu gebieten. Dazu gehörten auch Überlegungen für einen neuen Anlauf zum Verbot der NPD. "Der Vorfall zeigt, dass wir uns entschieden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln gegen den Rechtsextremismus zur Wehr setzen müssen", sagte der rheinland-pfälzische Innen-Staatssekretär Roger Lewentz (SPD). Dazu gehöre auch ein NPD-Verbot. Doch das mache nur Sinn, wenn Bund und Länder gemeinsam vorgingen. Ein erster Anlauf für ein Verbot der rechtsextremen NPD war 2003 gescheitert. Der Verfassungsschutz hatte Verbindungsleute in die Partei eingeschleust.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) zweifelt hingegen am Sinn eines Verbots: "Solche Anschläge könnte es auch geben, wenn die NPD verboten wäre." In die gleiche Kerbe schlägt der Liberale Max Stadler, der stellvertretende Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, gegenüber dem Abendblatt: "Ein Parteiverbot würde ein solches Verbrechen nicht verhindern." Sinnvoller sei es, mehr Geld in die Prävention etwa durch Mobile Beratungsstellen zu setzen. "Die FDP hat einen Antrag in den Bundestag eingebracht, Aussteigerprogramme wie etwa ,Exit' fortzuführen", so Stadler. Deren Finanzierung ist nämlich gefährdet. Das sieht auch die Extremismus-Sprecherin der Grünen so, Monika Lazar: "Mir hängt die Forderung nach einem NPD-Verbot zum Halse raus", sagt sie dem Abendblatt: "Das ist geheuchelter Aktionismus", denn die gleichen Politiker, die dies forderten, würden die Gelder für Hilfen vor Ort zusammenstreichen.
ctj


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