Nordkurier/Anklamer Zeitung, 14. 09. 2006

Grünen halten Lebensrune für nicht tolerabel

Anklam/Berlin (NK). Auch wenn Lebensrunen nicht als Neonazi- Symbol verboten sind, sollte die in einem Schaukasten vor dem Anklamer Gymnasium ausgehängte Werbung eines der rechten Szene zugerechneten Unternehmer entfernt werden. Diese Erwartung äußerten gestern Grünen-Chefin Claudia Roth und ihre Bundestags-Fraktionskollegin Monika Lazar in einem Schreiben an Gymnasiums-Leiter Jürgen Stähle; dieser hatte gegenüber unserer Zeitung die Kritik der Grünen-Politikerinnen zurückgewiesen, das Gymnasium vernachlässige durch die Tolerierung der Lebensrune nur wenige Meter vor der Schule ihren pädagogischen Auftrag (wir berichteten). Außerdem, so Stähle, sei die Rune nicht verboten. In den Augen Claudia Roths und Monika Lazars ist das jedoch kein Argument. Auch die Mitgliedschaft in der NPD sei schließlich nicht verboten – aber „vorbildhaft und moralisch vertretbar ist sie in keiner Weise“. Außerdem bedeute die Lebensrune in der Nazi-Szene „Das Reich lebt“.

Erschienen in: Nordkurier/Anklamer Zeitung 211, 09.09.2006, Seite 21

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Offener Brief von Herr Stähle im Nordkurier

„Freiwilliger undkostenloser Wahlkampf“

Anklam/Berlin (as). Mit deutlichen Worten hat Jürgen Stähle, Direktor des Anklamer Lilienthal- Gymnasiums, jetzt auf den offenen Brief der Grünen-Bundespolitiker Claudia Roth und Monika Lazar geantwortet. In diesem und in einem Interview hatten sie der Lehreinrichtung vorgeworfen, pädagogische Pflichten zu vernachlässigen, weil in einem Schaukasten vor der Schule eine Firma mit einem Nazi-Symbol für sich werbe, das zwar nicht verboten sei, aber dennoch ein Erkennungszeichen der rechten Szene sei. Stähle betont nun, dass das Gymnasium der falsche Adressat für die Vorwürfe sei. Weder sei es Eigentümer des Schaukastens noch der Fläche, auf dem dieser stehe. Die zuständige Genehmigungsbehörde sei der Landkreis Ostvorpommern. Bereits im Jahr 2004 habe man die Werbung mit der so genannten Lebensrune gemeinsam mit dem Schulträger, dem BSV Anklam – als Pächter des Kastens (d. Red.), der Polizei und dem Verfassungsschutz geprüft. Daraus habe sich ergeben, dass sich für die Schule laut Gesetz „weder eine Handlungsmöglichkeit noch eine -notwendigkeit gegeben hat“, so Stähle. „Billige Polemik auf Kosten Dritter ist sicher einfacher als eine Gesetzesinitiative für ein Sofortprogramm zur dauerhaften Überwindung der Strukturschwäche Vorpommerns, um den Menschen hier – vor allem der Jugend – eine faire Chance und Perspektive zu geben. Darüber hinaus sind wir überzeugt, Ihren Ansprüchen in Bezug auf Verantwortung, Vorbildwirkung und Moral jederzeit auf Augenhöhe begegnen zu können.“ Die Schule unterstütze unter anderem aktiv den Aufbau des Anklamer Friedenszentrums und werde demnächst zum dritten Mal als „Umweltschule in Europa“ ausgezeichnet. Die Bemerkungen Roths und Lazars seien unberechtigte und anmaßende Diffamierungen. Die Landtagskandidaten der Grünen von Ostvorpommern, Christa Labouvie und Michael Woitacha, haben sich mittlerweile gegenüber Stähle und gegenüber auch AZ von den Vorwürfen ihrer Bundesvorsitzenden distanziert.Nutznießer des Streits könnte jemand ganz anders sein, so Stähle: „Übrigens können wir uns sehr gut vorstellen, dass nach den Landtagswahlen das Schreiben einer Partei, der Sie beide nicht angehören, in der Bundeszentrale der Grünen eingeht, verbunden mit dem Dank für die freiwillige und kostenlose Wahlkampfhilfe.

Erschienen in: Nordkurier/Anklamer Zeitung 215, 14.09.2006, Seite 19

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