Rede zum Antrag "Demokratie stärken - Dem Hass keine Chance geben"

Rede zum TOP ZP 2 "Maßnahmen gegen Rassismus, Hetze und Gewalt"

155. Sitzung des Bundestages am 18.02.2016

Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geflüchtete und haupt- und ehrenamtlich Tätige in der Flüchtlingsarbeit sind häufig Zielscheibe von rassistischer Hetze, Hass und Gewalt. Die Anzahl flüchtlingsfeindlicher Straftaten wuchs in den vergangenen Jahren stetig. 2012 waren es 62 Straftaten, 2014 bereits knapp 900 und im letzten Jahr schon mehr als 1 600. Das ist ein dramatischer Trend, dem wir gemeinsam mit allen Kräften Einhalt gebieten müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch der Ton im politischen Diskurs wird rauer und widerwärtiger. Viele Akteure in Politik, Medien oder Initiativen werden beschimpft und bedroht. Verunglimpfungen wie "Volksverräter" oder "grüne Zecke", die ich persönlich am Rande von Legida-Demonstrationen regelmäßig höre, gehören dabei noch zu den harmloseren Beispielen. Besonders enthemmt geht es dabei im Internet zu. In den letzten Monaten bin ich besonders froh, nicht bei Facebook zu sein; denn bei Twitter müssen sich die Hetzer wenigstens kurz fassen.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Ich will jetzt keine Beispiele nennen, um den Trollen keine Bühne zu geben; denn ich denke, die meisten von uns Abgeordneten haben leider selber genügend Beispiele parat.
Strafbare Internethetze muss unverzüglich aus dem Netz entfernt und geahndet werden, bevor sie Menschen zu Straftaten anstachelt. Hassdelikte müssen konsequenter bekämpft werden. All die Beleidigungen und Bedrohungen tragen dazu bei, dass der Hass noch weiter angestachelt wird. Das dürfen wir nicht zulassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir müssen uns mit allen rechtsstaatlichen und gesellschaftlichen Mitteln dafür einsetzen, dass Rassismus, menschenverachtende Hetze und Gewalt zurückgedrängt werden. Wo rechte Strömungen das friedliche Miteinander vergiften, müssen staatliche Institutionen mit einem rassismuskritischen Fokus arbeiten; dazu bedarf es auch der passenden Aus- und Weiterbildungen.
Ebenso muss die interkulturelle Kompetenz von Behörden, Institutionen und Bildungseinrichtungen erhöht werden, unter anderem durch mehr Beschäftigte mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst. Die demokratischen Parteien müssen rassistischen Äußerungen auch aus den eigenen Reihen in aller Klarheit entgegentreten. Versuche, die AfD von rechts zu überholen, um dort nach Wählerstimmen zu fischen, sind inakzeptabel und gefährlich für das politische Klima in unserem Land.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)

Wer sich daran beteiligt, spielt den rechten Scharfmachern in die Hände.
Manchmal ist es aber auch wichtig, wenn die demokratischen Parteien Geschlossenheit zeigen. Wie man es nicht macht, hat die Leipziger CDU zum Beispiel am 11. Januar gezeigt, als sie sich an einer gemeinsamen Lichterkette in der Leipziger Innenstadt nicht beteiligen wollte. Ziel dieser Lichterkette war es, ein gemeinsames Zeichen für Weltoffenheit gegen die Legida-Demonstration zu setzen. Die Leipziger CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla erklärte dazu: "Von parteiübergreifenden Aufrufen halte ich nichts, da sie die Unterschiede zwischen den Parteien und auch die Verantwortlichkeiten vermengen."

(Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr traurig!)

Das ist nun wirklich kontraproduktiv und abstrus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Zivilgesellschaftliche Akteure und Geflüchtete brauchen den Schutz von Staat und Gesellschaft. Es ist deshalb großartig, dass so viele zivilgesellschaftliche Initiativen und engagierte ehrenamtliche Helferinnen und Helfer vor Ort wertvolle Arbeit für unsere Demokratie leisten. Dafür möchte ich ihnen ganz herzlich danken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)

Aber auch der Staat ist stärker gefragt. Wir brauchen eine gut ausgestattete Demokratieoffensive auf allen politischen Ebenen, um gemeinsam mit der Zivilgesellschaft unsere demokratische und pluralistische Gesellschaft zu verteidigen. Dafür ist unser Antrag eine Anregung. Wir haben zehn Eckpunkte zusammengetragen, die in diesem Maßnahmenpaket enthalten sein sollten. Ich freue mich schon jetzt auf die sicherlich sehr lebhaften Debatten in den Ausschüssen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

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