Berichte aus dem Parlament

Kleine Anfrage: Kriminelle Immobiliennutzung durch Nazis, Rockerclubs und Mafias

Immobilien spielen in rechtsextremen Gruppen sowie Milieus der organisierten Bandenkriminalität und der Mafias eine wichtige strukturelle Rolle und können zur Prägung sozialer Angsträume beitragen. In einer Kleinen Anfrage wollten wir von der Bundesregierung wissen, was ihr darüber bekannt ist. Wir fragten nach Formen der Zusammenarbeit zwischen den Milieus, deren Immobiliennutzung sowie dem rechtlichen und praktischen Umgang mit Immobilien, die mit Straftaten in Verbindung stehen. Leider zeigte die oberflächliche Beantwortung, dass die Bundesregierung sich einer Auseinandersetzung mit der Problematik nicht stellt. Entwicklungen, von denen zivilgesellschaftliche Initiativen seit Jahren berichten, nimmt sie entweder nicht zur Kenntnis oder verschweigt diesbezügliche Aktivitäten der Sicherheitsbehörden.

Wir fordern die Bundesregierung auf, die Nutzung von Immobilien durch kriminelle Milieus in den Fokus zu nehmen. Die Abteilungen staatlicher Behörden müssen sich stärker vernetzen, damit Hinweise, insbesondere auf das Zusammenwirken der Milieus, besser als bisher eingeordnet werden.

Wir wollen, dass das Strafrecht in Bezug auf eingezogene Immobilien gut genutzt wird. Dabei geht es nicht um eine Verschärfung des Strafrechts, sondern um eine sachkundige und konsequente Ausschöpfung. Das erfordert allerdings fundierte Kenntnisse über die rechtsextreme Szene, um deren Umtriebe zu erkennen und einzuordnen. Hier sollte das Knowhow der demokratischen Initiativen genutzt werden, z.B. durch strukturierte Dialoge zwischen Behörden und Zivilgesellschaft. Außerdem diskutieren wir, ob eine Präzisierung im Strafrecht Sinn macht: Von der Neonazi-Szene beschlagnahmte Immobilien könnten zu Zwecken der Prävention an die Zivilgesellschaft zurückgegeben werden, wie es in Italien mit Mafiagütern geschieht. Das hätte eine hohe symbolische und präventive Wirkung. Derzeit werden beschlagnahmte Immobilien im Allgemeinen meistbietend weiterveräußert, wovon das Gemeinwesen keinen Nutzen hat. Im ungünstigsten Fall könnten die Besitztümer wieder von Rechtsextremen erworben und für die Planung von Übergriffen, die Nutzung verbotener Kennzeichen oder das Verbreiten von Hasspropaganda missbraucht werden.

Das Strafrecht sollte eingebunden sein in einen weitreichenden Katalog von Maßnahmen. An erster Stelle muss die Prävention stehen. Hier braucht es mehr politische Unterstützung und bessere Finanzierung. Denn wenn sich Neonazis erst in Immobilien breit machen und Ortsteile terrorisieren, ist es schon reichlich spät, um wirksam und nachhaltig zu reagieren.

Die Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage sind [hier] nachzulesen.


Weitere Informationen zur Kleinen Anfrage:

Die Süddeutsche hat in einem Artikel unsere Kleine Anfrage aufgegriffen und im Artikel "Nachbar Nazi" verarbeitet [lesen].


Die taz griff das Thema in diesem Beitrag auf [lesen].

Auch Initiativen interessieren sich für das Thema. Anbei eine PM von der Amadeu Antonio Stiftung und dem Echolot e.V. [lesen].

Im Artikel „Neonazi-Immobilien in Brandenburg – braune Dörfer“ gibt es ebenfalls einen Bezug auf unsere Kleine Anfrage. Dazu wird dargelegt, dass – entgegen den Aussagen der Bundesregierung – der Verfassungsschutz sehr wohl die Immobiliennutzung untersucht, es sich aber um ein geheimes Projekt handelt [lesen].